Juni 2024

Durch Wasser und Armut von der Gesundheitsversorgung abgeschnitten

Mapé heisst der Fluss und Stausee, der die drei Gesundheitsbezirke Malantouen, Yoko und Bankim im Westen Kameruns verbindet. Der Fluss Mapé wurde in den Achtzigerjahren zum Stausee, dessen daraus entstandene Seitenarme heute viele Menschen in der Region regelrecht von ihrer Umgebung abschneiden. Die meisten Menschen, die im Einzugsgebiet des Mapé-Fusses wohnen, leben in grosser Armut. Um von ihrem Dorf ins Nachbardorf oder gar zum Gesundheitszentrum oder ins Spital zu gelangen, müssen sie zuerst mit dem Boot den Fluss und den Damm überqueren und lange Strecken auf schwierigen Wegen zurücklegen.Um diese und weitere Hürden zur Gesundheitsversorgung der in grosser Armut lebenden Menschen im Gebiet zu überwinden, hat FAIRMED gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden Kameruns das Gesundheitsprojekt «Mapé» gestartet.

Menschengemachter Klimawandel erschwert Zugang zu Gesundheit

Die neuen Flussarme, die durch den gestauten Mapé-Fluss entstanden sind, begünstigen die Ausbreitung vernachlässigter Tropenkrankheiten, zum Beispiel der Bilharziose, die bereits während eines kurzen Fussbads übertragen werden kann. Die neuen Flussarme verschärfen aber auch die abgelegene geografische Lage der vielen armutsbetroffenen Menschen im Projektgebiet. Dazu kommt, dass die Strassen während der Regenzeit von Mai bis September kaum befahrbar sind.

Viele Menschen sind deshalb nicht in der Lage, innert nützlicher Frist einen Gesundheitsposten oder das Spital aufzusuchen. Tun sie es doch, stürzen sie die Transportkosten in eine noch tiefere Armut. Nur die Dörfer in unmittelbarer Nähe zum Staudamm sind mit Strom versorgt, Mobiltelefone besitzen die wenigsten. Auch die meisten Gesundheitsposten und das Distriktspital verfügen nicht über Strom und fliessendes Wasser.

Wie FAIRMED hilft

Gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden bildet FAIRMED Gesundheitshelfende aus, welche die abgelegenen Dörfer regelmässig besuchen und dafür sorgen, dass Krankheiten professionell diagnostiziert, angemessen behandelt und Krankentransporte organisiert werden.

Indigene Bedzang werden bei der Gesundheitsversorgung diskriminiert

Marcel Ngigwe (links), 45-jähriger indigener Bedzang aus dem Lager Nayanka, erzählt: «Wir gehen nicht mehr zum Gesundheitsposten, wenn wir krank sind, weil wir dort sehr schlecht behandelt worden sind.» Die Bedzang sind wie die Baka die ältesten Urbewohnenden Kameruns, die noch immer unterdrückt, benachteiligt und ausgebeutet werden. «Unsere Frauen gebären ihre Kinder hier im Dorf und erhalten somit keine Geburtsurkunde für ihre Kinder, die deswegen auch keine Personalausweise bekommen und nicht zur Schule dürfen,» fährt Marcel fort. Besonders Durchfallerkrankungen und Krätze sind im Lager Nayanka verbreitet, so Marcel weiter: «Der einzige Trinkwasserbrunnen, den wir haben, ist kaputt. Wir holen das Wasser im Wald aus der Pfütze, in der wir uns und die Kleider waschen.»

Wie FAIRMED hilft

Die FAIRMED-Gesundheitshelfenden stärken in Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsbehörden das Gesundheitsbewusstsein der Bedzang bezüglich Hygienemassnahmen und Massnahmen für eine bessere Trinkwasserqualität, und unterstützen die Bedzang-Frauen darin, sich vor, während und nach der Geburt medizinisch versorgen zu lassen.

Krankheit macht Arme noch ärmer

Der 57-jährige Ali Abakoura aus dem Dorf Matta Barrage leidet an Buruli, einer ansteckenden bakteriellen Hautkrankheit, die schwere Schäden an Haut und Gewebe verursacht und unbehandelt ähnlich wie Lepra zum Verlust von Nervenfunktion, Gliedmassen und Sehkraft führt. Bei Ali Abakoura ist Buruli bereits so weit fortgeschritten, dass er seinen rechten Arm und sein linkes Bein nicht mehr benützen kann. «Ich bin nicht mehr in der Lage zu arbeiten, und meine Brüder müssen mich von beiden Seiten stützen, wenn ich auf die Toilette gehen will», erzählt Ali. «Um meine Kinder zu ernähren, bin ich auf die Hilfe von Verwandten angewiesen. Ich habe alle meine Ersparnisse aufgebraucht, um meine Buruli-Behandlung zu bezahlen.

Der Spitalaufenthalt hat mich 350 000 zentralafrikanische Francs (rund 520 Schweizer Franken) gekostet. Seit meine Krankheit leider zurückgekehrt ist, habe ich fast kein Geld mehr, ich kann den Transport ins Spital Bankim, das 25 Kilometer entfernt ist, nicht bezahlen.» Um seine Buruli-Wunden jeden zweiten Tag im nahe gelegenen Gesundheitsposten pflegen zu lassen, gibt Ali 8400 zentralafrikanische Francs (rund 12 Franken) pro Monat aus. «Das kann ich mir nicht leisten. Ich würde alles dafür geben, wenn ich endlich gesund wäre, wieder fischen und damit Geld verdienen und meine Familie versorgen könnte!»

Wie FAIRMED hilft

In Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsbehörden stellt FAIRMED sicher, dass der Transport und die medizinische Behandlung von Armutsbetroffenen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Alles verloren ausser ihrem Leben: Die Flüchtlinge aus dem englischsprachigen Westen

«Meine sechs Kinder fliegen immer wieder von der Schule, weil ich die Gebühren nicht bezahlen kann», erzählt die 34-jährige Caroline, die im Dorf Magba lebt. Caroline ist eine der vielen intern Vertriebenen, die vor dem Krieg im englischsprachigen Westen Kameruns geflohen sind. «Mein Mann und ich sind mit unseren Kindern vor einem halben Jahr geflohen, als unser Dorf angezündet wurde. Wir haben mit knapper Not unsere Leben gerettet.» Inzwischen ist Carolines Mann in eine weit entfernte Stadt weitergezogen, um dort besseres Geld zu verdienen.

Caroline ist nun Mutter und Vater gleichzeitig und versucht, mit Nähen ihre sechs Kinder und sich durchzubringen. Als Geflüchtete und Neuling im Dorf ist das für sie besonders schwierig. «Da die Leute mir nicht glauben, dass ich ausgebildete Schneiderin bin, bezahlen sie mich schlecht. Ich verdiene um die 5000 zentralafrikanische Francs (rund 7.40 Schweizer Franken im Monat). Das reicht nicht einmal, um uns richtig zu ernähren. Wenn jemand von uns krank wird, haben wir keine Chance, uns eine Behandlung zu leisten.»

Wie FAIRMED hilft

Gemeinsam mit den lokalen Gesundheitsbehörden stellt FAIRMED sicher, dass auch die zahlreichen Flüchtlinge aus dem Westen kostenlos medizinisch versorgt werden, und unterstützt sie dabei, bessere Chancen auf Arbeit zu bekommen.

Bertine, eine von 40 ausgebildeten Gesundheitshelfenden

Wir treffen die Gesundheitshelferin Bertine Moundie im Dorf Gah, rund 70 Kilometer von Magba enfernt. «Der Wunsch, mich für eine bessere Gesundheit meiner Dorfbevölkerung einzusetzen, erwachte in mir während der Geburt meines Sohnes», erzählt Bertine. «Während ich in den Wehen lag, hörte ich den Arzt darüber schimpfen, dass Frauen wie ich keine Schwangerschaftskontrollen machten und diese Komplikationen nicht aufgetreten wären, wenn ich viel früher ins Gesundheitszentrum gekommen wäre.» Inzwischen ist Bertine, die zusammen mit ihrem Mann vom Ackerbau lebt, mit 39 anderen Männern und Frauen von FAIRMED zur Gesundheitshelferin ausgebildet worden. Seit genau sechs Monaten ist sie nun an vier Tagen in der Woche im Umkreis von vier Kilometern unterwegs, um die Gesundheitsversorgung der Menschen in ihrem Dorf und den Nachbardörfern sicherzustellen.

«An diesen Tagen verlasse ich mein Haus bereits um sechs Uhr morgens, damit ich rechtzeitig bei denjenigen ankomme, die später noch zur Arbeit gehen. Während der Impfkampagnen für die Kinder im Dorf ist die Arbeitsbelastung so hoch, dass ich meine Arbeit auf dem Feld unterbreche, um Leben zu retten.» Bertines Mission ist es, die Frauen zu einer medizinischen Überwachung von Schwangerschaft und Geburt zu bewegen. «Ich kann aktiv etwas dazu beitragen, die Mütter- und Kindersterblichkeit zu senken.» Es gibt aber noch viel mehr zu tun. Während unseres Rundgangs durchs Dorf Gah begegnen wir einem älteren Mann mit Wunden und Schmerzen in den Füssen. Da viele Menschen im Dorf aus Angst, stigmatisiert zu werden, nicht offen über ihre Gesundheitsprobleme reden möchten, begleitet Bertine den Mann in sein Haus und klärt ihn mit sanfter Stimme darüber auf, dass er medizinische Hilfe bekommen wird: «Der Leiter des Gesundheitszentrums Gah und ich werden nächste Woche ein Screening von Hautkrankheiten durchführen. Dann werden wir wissen, was für eine Krankheit deine Schmerzen verursacht.

Du wirst von uns kostenlose Medikamente und, falls es nötig wird, eine kostenlose Wundbehandlung bekommen.» Bertine, die einen Koffer mit den wichtigsten Schmerzmitteln, Desinfektionsmitteln und Verbänden mit sich trägt, versorgt den Patienten, der gleichermassen erleichtert wie erfreut ist. «Ich arbeite für FAIRMED, die weit und breit einzige NGO in diesem Gebiet», sagt Bertine zum Abschied. «Wir sorgen dafür, dass du die richtige medizinische Versorgung bekommt, gesund wirst und nichts dafür bezahlen musst!» Später, bevor wir uns von ihr verabschieden, ergänzt sie: «Dass ich als Gesundheitshelferin dazu beitragen kann, die gesundheitliche Situation meiner Nachbarinnen und Nachbarn zu verbessern, macht mich glücklich. Je mehr ich auf andere zugehe, desto mehr lerne ich, und jedes Mal wächst meine Motivation noch mehr!»

Niemand darf an einer heilbaren Krankheit leiden oder sterben

Mou FerdinandLandesverantwortlicher Kamerun

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