Juni 2024

Klimawandel bedroht Gesundheit der Ärmsten

Die Auswirkungen des Klimawandels sind vielseitig und werden politisch oft heiss diskutiert. Die Stimme von Menschen aus armen Ländern fehlt dabei aber häufig. Und dies, obwohl sie am stärksten von den Folgen der globalen Erwärmung betroffen sind. Auch in den FAIRMED-Projekten wird der Zusammenhang zwischen Klima und Krankheit zunehmend sichtbarer.

«Die Bevölkerung ist aufgerufen, kleine offene Wasserstellen zu vermeiden, damit eine rasche Ausbreitung der Tigermücke verhindert werden kann», schreibt die Behörde auf ihrer Website. Ist es der kamerunische, sri-lankische oder nepalesische Staat, der hier vor einer Mücke warnt, die vernachlässigte Tropenkrankheiten wie das Denguefieber überträgt? Vielleicht entgegen der gängigen Erwartung findet sich dieser Aufruf auf der Website der Stadt Bern. Die Asiatische Tigermücke kommt ursprünglich aus tropischen und subtropischen Ländern und bevorzugt warme und feuchte Gebiete. Doch seit den Neunzigerjahren tritt sie vermehrt in Europa auf, seit etwa 2003 auch in der Schweiz.

Und mit den aggressiven Stechmücken können auch Krankheiten in die Schweiz kommen, die bisher vor allem in tropischen Ländern aufgetreten sind. Dies wird uns in Zukunft noch vor verschiedene Herausforderungen stellen, da wir als Gesellschaft bisher kaum mit Krankheiten wie beispielsweise dem Chikungunya-Virus in Kontakt gekommen sind. Aber die Chancen stehen gut, dass sich im innovativsten Gesundheitssystem der Welt schlussendlich Lösungen finden lassen.

Naturkatastrophen und Erkrankungen nehmen zu

Länder mit einer deutlich schwächeren Gesundheitsinfrastruktur werden die Folgen der globalen Erwärmung allerdings deutlich stärker zu spüren bekommen. Erste Anzeichen dafür zeigen sich beispielsweise in einem FAIRMED-Projekt in Kamerun, das die Gesundheitssituation der Baka verbessern will: Die indigene Bevölkerungsgruppe lebte in den Wäldern des Kongobeckens für lange Zeit in Harmonie mit der Natur, wurde durch Abholzung und absichtliche Benachteiligung aber aus ihrem Lebensraum vertrieben. Als Konsequenz davon sind die Baka besonders häufig von Armutskrankheiten, Unterernährung und den Auswirkungen von Naturkatastrophen betroffen.

Diese Benachteiligung ist in vielerlei Hinsicht «menschengemacht» und wird nun durch den Klimawandel weiter verstärkt: Krankheiten wie Frambösie oder Dengue, von denen die Baka überdurchschnittlich oft betroffen sind, treten immer häufiger auf. Die Regenzeiten werden tendenziell länger und intensiver, was zu einem Anstieg der damit verbundenen Krankheiten führt. So sammelt sich beispielsweise stehendes Wasser über längere Zeit in Erdlöchern und wird zum idealen Brutkasten für Tigermücken und andere Tiere, die Krankheiten übertragen. Dazu kommt, dass Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen häufiger auftreten und abgelegene Regionen mitunter tagelang vom Rest des Landes abschneiden.

Einfluss des Klimawandels auf die Gesundheit

Diese Veränderungen zeigen sich aktuell am stärksten in Ländern mit tropischem Klima, machen sich aber auch darüber hinaus immer deutlicher bemerkbar. Deswegen betrachtet die FAIRMED-Strategie das Thema Gesundheit aus einer möglichst breiten Perspektive und geht davon aus, dass zahlreiche Faktoren Einfluss auf das Wohlbefinden eines Menschen haben können. Der Zugang zu sauberem Wasser, das Zusammenleben von Menschen und Nutztieren oder eben der Klimawandel – das ist nur eine kleine Auswahl an möglichen Themen, die über ein Leben in Gesundheit oder Krankheit bestimmen.

Für unsere Arbeit ist es essenziell, auch Perspektiven aus artverwandten Gebieten wie der Veterinärmedizin sowie ökonomische und sozialwissenschaftliche Betrachtungen einfliessen zu lassen. Dazu gehört auch, dass wir den Einfluss des menschlichen Handelns auf Gesundheit und Klima anerkennen und bei unseren Massnahmen einbeziehen. Unsere Projekte zielen darauf ab, die Gesundheitsinfrastruktur eines Landes so zu stärken, dass sie zukünftigen Herausforderungen ohne unser Zutun gewachsen ist. Aber auch wenn wir auf diesem Weg gewisse Auswirkungen des Klimawandels abfedern können: Es braucht zunehmend mehr globale Handlungen und politischen Willen, um langfristige Veränderungen zu erzielen.

Umgang mit dem Klimawandel – eine Frage der Fairness

Im Kern geht es bei den Auswirkungen der globalen Erwärmung um Fairness: Treibhausgase werden hauptsächlich in reichen Ländern verursacht, die Konsequenzen davon treffen aber vor allem die ärmsten Regionen der Welt. Alphonse Um Boock, Arzt und Berater bei FAIRMED, sagt dazu: «Im Kampf gegen die Krankheitsbelastungen, die der Klimawandel mit sich bringt, muss deutlich an das Gebot der Gerechtigkeit appelliert werden. Die Hauptverursacher der Emissionen sollten die höchsten Kosten für die Eindämmung und Anpassung tragen.» Die Schweiz ist dabei gut positioniert, um eine Vorreiterrolle einzunehmen und andere Länder zum Mitziehen zu motivieren. So beschäftigen sich mehrere Arbeitsgruppen des Bundes aktiv mit den Zusammenhängen von Gesundheit und Klima.

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen hat in einer Vorstudie schon vor rund vier Jahren skizziert, wie sich der Klimawandel auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirkt. Um Boock sieht aber nicht nur die Schweiz in der Pflicht, sondern auch die internationale Gemeinschaft und Organisationen wie FAIRMED: «Ein afrikanisches Sprichwort besagt, dass eine Hand allein kein Paket schnüren kann. Die Situation kann sich nur durch das Zusammenwirken aller verbessern.»

Wie indigene Völker angesichts des Klimawandels überleben, lesen Sie im Artikel von Alphonse Um Boock, unserem FAIRMED-Berater und Arzt in Yaoundé, Kamerun.

Niemand darf an einer heilbaren Krankheit leiden oder sterben

Minyem Jacques Christian Landesverantwortlicher Zentralafrikanische Republik

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