Hintergrund
In den ländlichen und grösstenteils abgelegenen Regionen des Projektgebiets ist die Mehrheit der Haushalte auf Landwirtschaft und tägliche Lohnarbeit angewiesen. Zwar gibt es hier teilweise Spitäler und kleinere Gesundheitsposten. Es herrscht aber ein grosser Mangel an gut ausgebildetem Personal. Zudem ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen oft limitiert, die Verfügbarkeit von Gesundheitsdiensten gering. Dies ist der perfekte Nährboden für vernachlässigte Tropenkrankheiten wie Lepra oder Wurmkrankheiten - folglich befinden sich mehrere Gemeinden des Projektgebiets in Hochrisikozonen für NTDs. Daneben ist die Mütter- und Neugeborenensterblichkeit im Projektgebiet hoch. Dies liegt unter anderem an der hohen Anzahl von Hausgeburten (45 % in Nepal) und nicht erkannten Komplikationen während der Schwangerschaft wegen der Vernachlässigung von vorgeburtlichen Untersuchungen. Auch verzichten frischgebackene Mütter in der frühen Wochenbettperiode meistens auf Pflegedienste.
Zudem führt der bereits erwähnte limitierte Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen dazu, dass das Risiko für Infektionen bei Neugeborenen hoch ist. Erschwerend kommt hinzu, dass durchschnittlich jede dritte schwangere Frau von Wurmerkrankungen betroffen ist. Diese Krankheiten tragen wesentlich zu Schwangerschaftskomplikationen wie starkem Blutverlust bei. Darüber hinaus können Wurmerkrankungen bei Kindern eine verlangsamte physische und kognitive Entwicklung verursachen und erhöhen das Risiko für Infektionen. Ein weiterer Fokus des Projekts liegt auf Personen mit Behinderungen. Im Projektgebiet sind mehrere tausend Menschen von verschiedenen Arten von Behinderungen betroffen, unter anderem bedingt durch verschiedene NTDs. Hilfsmittel wie Rollstühle oder Krücken sind oftmals nicht vorhanden oder werden den Bedürfnissen der Betroffenen nicht gerecht. Zudem sind Menschen, die als Folge von NTDs eine Behinderung haben, oft mit Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung konfrontiert.
Das Projekt
FAIRMED geniesst durch die bisherige Zusammenarbeit in vergangenen Projekten das Vertrauen der Regierung und der Bevölkerung vor Ort. Wir haben im Projektgebiet bereits ein mehrjähriges Projekt zur Förderung der Mutter-Kind-Gesundheit durchgeführt und uns entsprechendes Fachwissen angeeignet. Dieses Fachwissen kombinieren wir nun mit unserer sechzigjährigen Erfahrung im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, an denen Mütter und Neugeborene überproportional oft leiden. Um den vielfältigen Herausforderungen im Projektgebiet gerecht zu werden, verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Einerseits sorgen wir dafür, dass auch die Menschen in den weit abgelegenen Regionen des Projektgebiets einen Zugang zu Gesundheitsleistungen erhalten. Dies wird beispielsweise durch den Bau von Geburtszentren und von medizinischen Aussenposten für einfache medizinische Behandlungen erreicht. Darüber hinaus stellen wir sicher, dass alle Gesundheitseinrichtungen bedarfsgerecht ausgerüstet sind und vermitteln dem Personal in den Einrichtungen das nötige medizinische Fachwissen für die adäquate Behandlung von NTDs und Komplikationen während der Schwangerschaft. Ausserdem klären wir die Menschen in den Gemeinden darüber auf, wie sie Anzeichen von vernachlässigten Tropenkrankheiten frühzeitig erkennen und was sie machen können, um ihre eigene Gesundheit zu fördern. Ein weiterer Eckpfeiler des Projekts ist die Beratung und Schulung von Gemeindepolitikern und den Leiterinnen und Leitern der Gesundheitseinrichtungen. Dies ist wichtig, weil die Gemeinden im Zuge der politischen Dezentralisierung in Nepal zum ersten Mal die Aufgabe haben, die gesundheitspolitischen Aktivitäten in ihrem Gebiet selbstständig zu planen und durchzuführen. Den Verantwortlichen fehlt aber in vielen Fällen das notwendige Wissen, um diese neue, anspruchsvolle Aufgabe meistern zu können.
Ziele und Aktivitäten
Hauptziel des Projekts ist es, dass die Menschen im Projektgebiet eine lückenlose medizinische Grundversorgung erhalten. Um dieses Gesamtziel zu erreichen, verfolgt das Projekt die folgenden spezifischen Ziele, die unter anderem durch die unten aufgeführten Aktivitäten angestrebt werden:
Bessere Verwaltung der Gesundheitseinrichtungen durch Unterstützung der Verantwortlichen
Schulung der Leiterinnen und Leiter der Gesundheitseinrichtungen, damit sie ihre Aktivitäten besser planen und budgetieren können.
Weiterbildung des Gesundheitspersonals
Organisation von Schulungen für das Personal in den Gesundheitseinrichtungen. Diese Massnahme zielt unter anderem darauf ab, dass das Gesundheitspersonal NTDs frühzeitig erkennen und behandeln kann. Des Weiteren wird das Wissen des Personals zu Vor- und Nachgeburtsuntersuchungen gestärkt, um mögliche Komplikationen frühzeitig erkennen zu können.
Ausbildung von Mobilisatorinnen. Diese Mobilisatorinnen schulen ihrerseits freiwillige Gesundheitshelferinnen, von denen es in jedem Dorf eine gibt. Diese Freiwilligen dienen als Anlaufstelle für medizinische Fragen der Bewohnerinnen und Bewohner der Dörfer und leiten, koordinieren und unterstützen Väter- und Müttergruppen.
Verbesserung und Ausbau des grundlegenden Gesundheitsangebots
Aus- und Aufbau von Geburtszentren und sogenannten Outreach-Kliniken. Diese Outreach-Kliniken werden in abgelegenen Gebieten aufgebaut, wo es gänzlich an Gesundheitseinrichtungen fehlt. Sie werden mit der nötigsten medizinischen Infrastruktur ausgestattet, um den grundlegenden Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden.
Unterstützung der Gemeinden bei der Planung und Umsetzung von Angeboten für Menschen mit einer Behinderung. Beispielsweise sollen im Projektgebiet Physiotherapien für Personen angeboten werden, die als Folge von vernachlässigten Tropenkrankheiten an Behinderungen leiden.
FAIRMED stellt zusammen mit den Gemeinden sicher, dass die Gesundheitseinrichtungen über die notwendigen Medikamente und medizinische Ausrüstung wie Laborgeräte verfügen.
Sensibilisierung der Bevölkerung für Gesundheitsthemen
Planung und Durchführung von verschiedenen Aktivitäten zur Sensibilisierung der Bevölkerung. Unter anderem machen wir dies durch die Gestaltung und Verbreitung von Postern und Flyern (ohne Text, da viele Leute in Nepal nicht lesen können) und die Ausstrahlung von Radiosendungen. Ziel davon ist es, das gesundheitsfördernde Verhalten der Menschen im Projektgebiet zu verbessern und damit auch die Nutzung der Gesundheitsdienste in den Gemeinden zu erhöhen.
Koordination und Organisation von Sensibilisierungsveranstaltungen zur Früherkennung und Behandlung von NTDs.
Nachhaltigkeit und Monitoring
Alle FAIRMED-Projekte werden in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden und unter Einbezug der Bevölkerung vor Ort durchgeführt. In den regionalen FAIRMED-Länderbüros arbeiten ausschliesslich lokale Mitarbeitende. Auf diese Weise – und dank konsequentem Monitoring – können Probleme während der Projektlaufzeit rechtzeitig erkannt, auf ihre Ursachen analysiert und Methoden und Ziele gegebenenfalls angepasst werden. Durch die direkte Einbindung von Gesundheitsministerien und Partnerorganisationen wird zudem sichergestellt, dass Projekte zu einem späteren Zeitpunkt übergeben und ohne FAIRMED-Unterstützung weitergeführt werden können.
Begünstigte
Direkt vom Projekt begünstigt sind insgesamt 825 Gesundheitsmanager- und managerinnen sowie Gesundheitspersonal, 19 000 Menschen, die von NTDs betroffen sind (wie z.B. Lepra, Elephantiasis und Wurmerkrankungen), 40 464 Schwangere, Mütter und Neugeborene, 9917 Menschen mit Behinderungen aufgrund von NTDs, 1670 freiwillige Gesundheitsmitarbeiterinnen, 320 Müttergruppen (20 Mütter pro Gruppe= 6400 Mütter) und 4800 Schulkinder.
Niemand darf an einer heilbaren Krankheit leiden oder sterben
Sharma Nirmala • Landesverantwortliche
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