March 2024

Tradition steht Gesundheitsversorgung im Weg

Um möglichst nachhaltig, zur lokalen Kultur passend und umweltschonend zu wirken, arbeitet FAIRMED in den Projektländern ausschliesslich mit einheimischem Personal. So werden nicht nur alle Gesundheitsprojekte von lokalem Personal umgesetzt – auch die Fotos, Geschichten und Videos werden von einheimischen Fotografinnen, Filmern und Autorinnen produziert. In Nepal sorgt Shraddha Upadhyaya dafür, dass wir Ihnen packende Einblicke in das Geschehen vor Ort geben können.

FAIRMED vor Ort: Welche Aufgaben gehören zu deiner Arbeit für FAIRMED?
Für FAIRMED Nepal organisiere ich alles, was sich um interne und externe Kommunikation dreht. Besonders mit anderen NGOs im Land, mit Regierungsstellen und den Medien gibt es viel zu tun. Ich füttere unsere Website, verfasse Medienmitteilungen und Jahresberichte und stelle sicher, dass das FAIRMED-Büro in Bern aktuelles Bild-und Geschichtenmaterial aus unseren Gesundheitsprojekten erhält.

Wie gefällt dir deine Arbeit für FAIRMED?
Um ehrlich zu sein, hatte ich am Anfang Mühe und wusste nicht, ob ich die richtige Jobwahl getroffen hatte – so weit entfernt waren die Tätigkeiten in einer Entwicklungsorganisation vom akademischen Hintergrund, den ich hatte. Das änderte sich aber auf einen Schlag, als ich zum ersten Mal die Gelegenheit hatte, ein Gesundheitsprojekt zu besuchen und die Auswirkungen unserer Arbeit aus erster Hand zu erleben! Die Kraft der Menschen, für die wir uns engagieren, und den spürbaren Unterschied, den wir mit unserer Arbeit machen, haben mich sehr berührt. Ich erkannte, dass ich mit meiner Arbeit meinen Teil dazu beitrage, dass sich das Leben dieser Menschen positiv verändert.

Wie sieht dein durchschnittlicher Arbeitstag aus?Um sechs Uhr morgens stehe ich auf, pumpe Milch für meine Tochter ab und bringe sie zur Grossmutter. Anschliessend mache ich mich auf den Weg ins Büro, wo ich von unserer Büro-Haushälterin Pramila Didi einen Kaffee bekomme und mich kurz mit meinen Kolleginnen und Kollegen austausche, bevor ich mich in die Aufgaben des Tages stürze. Ich schreibe Berichte, schneide Videos, verfasse Posts für Social Media und organisiere Recherchereisen für lokale Fotografen in unsere Projekte.

Was sind die grössten Herausforderungen, denen du in deiner Arbeit für FAIRMED begegnest? Manchmal leidet meine Produktivität darunter, dass ich abhängig bin von den Erfahrungsberichten Dritter. Wenn sie nicht fristgerecht liefern, blockiert das meine Arbeit. Auch passiert es mir manchmal, dass die Angestellten des öffentlichen Gesundheitssektors etwas abweisend zu mir sind, wenn ich meine Meinung als Nichtmedizinerin mit ihnen teile. Zum Glück ist meine Chefin Nirmala Sharma, die Landeskoordinatorin von Nepal, sehr unterstützend: Sie schätzt meine Meinung, auch wenn mein Bildungshintergrund von dem der meisten anderen im FAIRMED-Büro abweicht. Ich fühle mich sehr respektiert von meiner Vorgesetzten.

Was ist das Schönste, was du im letzten Jahr in deiner Tätigkeit für FAIRMED erlebt hast?
Ich wurde Zeugin davon, wie der Einsatz von FAIRMED das Leben der Ärmsten zum Besseren wendet. Es war magisch für mich zu sehen, mit wie wenig Geld wir die Gesundheitsversorgung von benachteiligten Menschen so stark verbessern können.

Was war denn das Schwierigste, was du erlebt hast?
Während es vergleichsweise einfach ist, technische und finanzielle Aufgaben befriedigend zu lösen, habe ich erlebt, wie das komplexe Gefüge der nepalesischen Gesellschaft uns unsere Arbeit erschwert. Dort, wo FAIRMED wirkt, sehen wir Fortschritte, zum Beispiel, dass viel weniger Frauen und Kinder bei der Geburt sterben. Ausserhalb unserer Einsatzgebiete gibt es aber noch immer eine hohe Mütter- und Kindersterblichkeit rund um die Geburt – auch durch postnatale Depressionen, infolge derer sich junge Mütter von Brücken in den Tod stürzen. Dass wir ihre Leben nicht retten konnten, lastet schwer auf mir. Auch der Priester, den ich im Terai, dem ebenen Süden Nepals, getroffen habe, bleibt mir in trauriger Erinnerung: Er verheimlicht seine Hautkrankheit, weil er überzeugt ist, er leide an Lepra – ein Fluch aus einem früheren Leben. Er wird nicht zum Arzt gehen, weil in seiner Welt ein Tempelpriester unmöglich an Lepra leiden darf. Es tut mir weh zu sehen, dass tief verwurzelte Überzeugungen die Menschen davon abhalten, sich medizinisch versorgen zu lassen und gesund zu werden.

Was sind die Schlussfolgerungen, die du aus diesen Erlebnissen ziehst?
Wenn wir das nepalesische Gesundheitssystem nachhaltig stärken wollen, ist es nicht mit der Ausbildung von Gesundheitspersonal und dem Ausrüsten von Gesundheitszentren getan. Die eigentliche Herausforderung ist gar nicht die medizinische Versorgung selber. Es geht auch darum, die kulturellen Barrieren zu durchbrechen und lang gehegte Überzeugungen infrage zu stellen. Um den Menschen den Zugang zu Gesundheit zu ermöglichen, müssen wir uns zuerst einen Weg bahnen durch das Labyrinth der Überzeugungen, die diese Menschen daran hindert, Hilfe für ihre Gesundheitsprobleme zu suchen.

Was ist dein Wunsch für die Zukunft?
Ich möchte privat ein bescheidenes und mitfühlendes Umfeld schaffen, in dem sich meine Tochter entfalten kann. Beruflich möchte ich mich gern so weiterentwickeln, dass ich mit der Zeit einflussreichere Positionen übernehmen kann, in denen ich in noch grösserem Umfang Sinnvolles bewirken kann. Ich wünsche mir, dass in unserem Land in Zukunft alle Menschen, unabhängig von ihrer Kaste und ihrem Einkommen, eine gute medizinische Versorgung haben werden. Ich bin dankbar, dass ich mit meiner Arbeit dazu beitragen darf.

Name: Shraddha Upadhyaya
Alter: 32 Jahre
Funktion bei FAIRMED: Mitarbeiterin Kommunikation und Wissensmanagement
Bei FAIRMED: seit 15. März 2021
Arbeitsort: Kathmandu, Nepal
Ausbildung: Master in Pädagogik
Lebensform: verheiratet, eine 9 Monate alte Tochter

At the forefront - at the end of the world

See how your involvement is changing the world for the poorest in Asia and Africa. Follow us on social media.