FAIRMED vor Ort: Americanos, erzählst du uns deinen Werdegang bei FAIRMED?
2015 bin ich als Gesundheitsmanager eingestiegen, anschliessend habe ich eine Zeit lang im Rahmen des Gesundheitsprojekts für die Baka als Krankenpfleger gearbeitet. In der dritten Phase des Projekts, in der wir uns befinden, hat sich meine Rolle erneut verändert: Jetzt bin ich der Manager für die Gemeindeentwicklung der Baka.
Bereits neun Jahre bist du für das Baka-Gesundheitsprojekt von FAIRMED im Einsatz. Wie hat sich deiner Meinung nach die Gesundheitsverfassung der Baka in dieser Zeit verbessert?
Ich finde den Unterschied zu vorher riesig! Fast alle Baka-Frauen setzen unsere Ratschläge um, wenn es um Familienplanung, Schwangerschaft und Geburt geht. Sie entscheiden sich bewusst, schwanger zu werden, sie gehen zu den Schwangerschaftsuntersuchungen und sie bringen ihre Kinder medizinisch begleitet zur Welt. Damit konnten wir die Kinder- und Müttersterblichkeit senken. Auch das Bewusstsein für vernachlässigte Tropenkrankheiten ist bei den Baka nun gefestigt: Sie setzen die richtigen Hygienemassnahmen um, um sich zum Beispiel gegen Wurmerkrankungen zu schützen. Und inzwischen erkennen sie auch die frühen Anzeichen von Lepra und Buruli und begeben sich rechtzeitig in Behandlung, so dass die Ansteckungskette unterbrochen und Behinderungen durch fortschreitende Krankheiten verhindert werden können.
Wie sieht dein Alltag aus?
Meine Hauptaufgabe ist es, Fälle von vernachlässigten Tropenkrankheiten wie Lepra, Buruli oder Frambösie zu erkennen, zu betreuen und weiterzuverfolgen. Meine Nebenaufgabe ist die des Gemeindeentwicklers: Ich berate und überwache die Baka bei den einkommensschaffenden Aktivitäten, beim Aufbau von Gemeindekrankenkassen und bei der Gründung und Durchführung von Interessengruppen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Counterpart-Ansatz, den FAIRMED entwickelt hat: Dadurch, dass Baka aus den eigenen Reihen in unserem Gesundheitsprojekt mitwirken, sind die Baka-Gemeinschaften jetzt wirklich zu 100 Prozent integriert.
Was war das Schwierigste, das du in den neun Jahren im Einsatz für FAIRMED erlebt hast?
Im Jahr 2017 wurde eine Baka-Frau in einem Dorf positiv auf HIV getestet. Wir waren von diesem Ergebnis überrascht und konnten uns nicht vorstellen, dass HIV in der Baka-Gemeinschaft existierte. Die Frau war zum Zeitpunkt des Tests verheiratet und schwanger. Sie war eine anerkannte traditionelle Geburtshelferin, die schwangeren Frauen in der Gemeinde half. Überraschenderweise bemerkte sie, dass ihr Mann HIV-negativ war. Wir testeten das Paar nach drei Monaten erneut und die Frau wurde positiv getestet, während ihr Mann negativ war. Das war für mich das erste Mal, dass ich ein nicht übereinstimmendes Paare sah. Die Frau hatte keine vorgeburtliche Nachsorge gemacht und führte die Geburt ihrer Zwillinge selber durch – dies, obwohl wir in dieser Zeit grosse Aufklärungskampagnen über Hausgeburten und die Rolle der traditionellen Geburtshelferinnen bei der Begleitung von schwangeren Frauen durchführten. Nach der Entbindung brachte die Baka-Frau die Säuglinge selber in die Gesundheitsstation, wo diese negativ auf HIV getestet wurden. Die Baka-Frau starb leider an den Folgen der Krankheit, weil sie jegliche Behandlung verweigerte. Ihre Zwillinge und ihr Mann sind bis heute HIV-negativ. Es schmerzt mich noch heute, dass wir die Mutter nicht überzeugen konnten, sich gegen HIV behandeln zu lassen und sie den Tod einfach so in Kauf nahm.
Was war das Schönste?
Oh, da gibt es vieles zu erzählen! All die Geschichten von Baka-Männern, -Frauen und -Kindern, die dank FAIRMED gegen Krankheiten behandelt und wieder gesund geworden sind! All die BakaKinder, die dank der Intervention von FAIRMED jetzt zur Schule gehen! Alle Babys und Mütter, welche die Geburt gut überstanden haben dank medizinischer Begleitung! Alle Baka, die sich jetzt in Interessengruppen organisieren, um gemeinsam Geld zu erwirtschaften und um eine Stimme in der Gesellschaft zu bekommen!
Americanos Ebode Yannick
Alter: 43 Jahre
Lebensform: Verheiratet, drei Söhne
Wohnort: Abong-Mbang, 300 km von seiner Familie in Yaoundé entfernt
Ausbildung: Staatlich diplomierter Krankenpfleger/Bachelor in Krankenpflege